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Ich hoffe, es geht Dir besser, lieber A.

Alles tut mir sehr leid. Die Blumen, der Besuch. In keinem Augenblick – das kann ich getrost versprechen – war mir bewusst, wie sehr ich Dich mit meiner Anwesenheit und jener der Blumen belästigte. Es wird nicht wieder vorkommen.

Das werde ich auch weiterleiten an Susanne, die sich bei mir nach Dir erkundigte. Deine ehemals gute Freundin hat mir im Vorbeigehen drei Riesenjutesäcke mit leeren Plastikflaschen aufgebunden, um sie in deine Wohnung zu bringen. "Da kann er noch so über das Dosenpfand schimpfen und darüber, dass er deshalb zwei Wörter mehr mit der Kassiererin sprechen muss! Das soll er in Zukunft alles selbst zurückbringen, wo kommen wir denn da hin! Adieu, Mitleid! Sage ihm das, wenn es ihm wieder besser geht!" meinte sie etwas zu laut.

Ich schleppte also die Säcke leerer Flaschen und Dosen zu Deiner Adresse, wo ich gleich auf Frau Montez, Deine Nachbarin, traf. Aldeida bot mir netterweise kräftigen und heftig gezuckerten Kaffee zur Stärkung an, während dessen Zubereitung sie laufend die Hände über den Kopf schlug und "Jesús!" rief. Nachdem sie mir sämtliche 1.200 Fotos aus ihrer Heimat gezeigt hatte und sie aus Heimweh heulen musste, kam sie zu den Bildern des letzten Hausgrillfestes, das Du unter das Motto „Sterntaler für Jedermann“ gestellt hattest. Plötzlich stand sie immer noch verheult auf, stemmte die linke Hand an die Hüfte, hielt mir ihren rechten Zeigefinger unter meine Nase und zwang mich dazu, mit ihr eine Wette abzuschließen. Sie wollte sich mit mir im Luftballons-Aufpumpen nach vier Gläsern Rotwein (aus Deinem Keller übrigens) messen, ich stieg darauf ein und verlor haushoch. Hätte ich den Wetteinsatz vorher gekannt, ich hätte mich mehr bemüht: Nun musste ich versprechen, Dir täglich Blumen zu bringen und Dich zumindest einmal zu besuchen.

Das wollte ich ganz und gar nicht, doch Aldeida drohte mir an, sie würde sonst das Video vom Luftballon-Aufblasen nach vier Gläsern Rotwein an das örtliche Fernsehen verkaufen, zu dem sie gute Beziehungen habe.

Als ich den ersten Blumenstrauß an Dich gesandt hatte, kam über den netten jungen Gärntner eine Nachricht von Schwester Gesine an mich zurück. Sie bat mich darum, schnellstmöglich zu dir ins Krankenhaus zu kommen. Du würdest in Deinen durchschnittlich 14 Stunden Schlaf ständig nach mir rufen, was den anderen Patienten einfach nicht zuzumuten sei. Du würdest sogar eigene Lieder für mich singen, richtete der schöne Gärtner aus.

Deshalb kam ich. Schocktherapie sozusagen. Ich hoffe für die anderen, sie wirkte.


Weiterhin alles Gute,

Malaeika

 

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